Tag für Tag laufen die Menschen durch Städte – umgeben von gesichtslosen Gebäuden, die Straßen
voll von Autos – die Stadt scheint nur aus anonymen Objekten zu bestehen und den Geschäften und
Firmen zu gehören. Meistens ist sie nüchtern und manchmal farblos, vor allem in Großstädten und
Metropolen. Aber vielleicht liegt das nur daran, dass die Stadt und ihre Bewohner immer die gleichen Routinen
wiederholen. Wenn es so ist, dann sollte man nach etwas Außergewöhnlichem suchen, das die
Phantasie der Menschen wieder weckt und ihnen die Möglichkeit gibt die Stadt wieder für sich zurück
zu erobern.
Ein Weg, der es den Menschen ermöglicht andere Potentiale ihrer Stadt entdecken zu
können, ist das Spielen. So werden normale Bushaltestellen, Parks oder einfache Straßen zu etwas
Besonderem. Urban Gaming motiviert die Bewohner der Städte dazu, unbekannte Gebäude und
Räume zu entdecken oder die bekannten Orte aus unterschiedlichen Perspektiven zu erfahren. Dabei
stoßen sie auf Gleichgesinnte und schließen neue, unerwartete Kameradschaften.
Urban Gaming ist ein, noch recht junger, internationaler Trend. In New York, Tokio, London, Wien,
Berlin und anderen großen Städten finden immer häufiger solche Events statt. So kann man in London
einen öffentlichen Springbrunnen dazu verwenden, um mit dem Smartphone den Mobile-Game-
Klassiker „Snake“ in „echt“ über eine beleuchtete Wasserfontäne in der Stadt zu spielen.
In Toronto spielen die Stadtbürger „Capture the Flag“, versuchen also in zwei Teams die gegnerische
Flagge zu finden, die an einem geheimen Ort in der Stadt verborgen ist, um sie dann zur eigenen
„Basis“ an anderer Stelle zurückzubringen. In New York City nutzen die Menschen verschiedene Blocks von Manhattan, um das 80er Video-Game „Pac-Man“ im realen Leben zu spielen , und es gibt noch zahlreiche weitere interessante Projekte auf der ganzen Welt.
Eines jedenfalls haben alle gemeinsam: es geht darum, fantasievolle und unterhaltsame Spielideen zu
entwickeln, die darauf basieren, innerstädtische Räume als Spielfeld zu nutzen. Dabei werden auch
neueste Technologien auf innovative Art und Weise zur Anwendung gebracht –so finden sich stets neue
Möglichkeiten für Smartphones, Internet, GPS, digitale Kameras und vieles mehr. Man kann also die
Technologie in das Spiel integrieren oder sie zum Teil eines Kunstwerks oder einer Performance
machen. Obwohl in machen Urban Games die Technologie eine wichtige Rolle spielt, gibt es andere, bei denen
sie nicht im Mittelpunkt steht. Die Technologie ist dann nur eine Ressource, um neue soziale und
kulturelle Erfahrungen in der Stadt zu machen.
Bei manchen Urban Games Festivals kann man außer der Spiel-Entwicklung selbst auch noch andere Bereiche erkunden: in Deutschland ist es z. B. charakteristisch, dass man a uch das Theater oder
andere künstlerische Disziplinen integriert. Ausstellungen, Vorträge, Workshops und Konferenzen
machen die Festivals zu einem Ereignis, das über das eigentliche Spielen deutlich hinaus geht.
Das Urban Gaming bringt weltweit Gruppen und Individuen zusammen, die Spiele für den städtischen
Raum entwickeln. Das Besondere ist, dass daran alle Personen – Experten genauso wie Laien –
teilnehmen können, entweder am Prozess der Spiele-Entwicklung oder einfach nur, um zu spielen.
Spiel-Design für die Stadt hat in den letzten Jahren, als eine der vielen Formen der urbanen Kultur bzw.
des urbanen Lebensstils, stark an Bedeutung gewonnen.
Deswegen bringen die Festivals Menschen aus der ganzen Welt zusammen, um mit ihren Ideen Jahr für Jahr Urban Games zuverbessern. Bei dem Wort „Festival“ denkt man normalerweise an ein Musik-Festival, also Event, zu
dem Menschen zusammenkommen, die den gleichen Style und die gleichen Ideen haben. Bei Urban
Games geht es vielmehr darum, unterschiedliche Menschen kennenzulernen, die vielleicht anders
denken, um am Ende des Tages zu erkennen, dass man doch viel mehr mit dem anderen gemeinsam
hat als man dachte. Wir leben alle zusammen und teilen uns den gleichen Raum: in diesem Fall die
Stadt. Urban Games bieten uns die Chance diesen Lebensraum interessanter und flexibler zu nutzen,
damit uns unsere Stadt immer wieder neu inspiriert.